Wie ist der derzeitige Stand internetbasierter Interventionen zur Unterstützung psychisch Erkrankter? Gibt es evidenzbasierte hilfreiche Angebote? Bevor ein einzelnes App-Angebot (z.B. die App AYRA für das iPhone) genauer in den Blick genommen wird, nochmal einen Schritt zurück:

Mack et al. (2014) und Jacobi et al. (2014) etwa stellten in ihren Studien (Studie von Mack et al.; Studie von Jacobi et al.) heraus, dass unter den Patienten, die an einer psychischen Erkrankung leiden, nur jeder vierte im Laufe seines Lebens irgendeine Form von Behandlung in Anspruch nimmt. Auch bei der Gruppe derer, die an vier oder mehr psychischen Erkrankungen leiden, sei nur die Hälfte der Betroffenen im Laufe eines Jahres in Behandlung gewesen. Hinzu komme, dass, wenn Patienten nach Unterstützung suchen und eine Behandlung beginnen möchten, sie sich häufig mit monatelangen Wartezeiten konfrontiert sehen.

Mittlerweile gibt es einige internetbasierte Angebote, die die herkömmliche Psychotherapie begleiten bzw. die Betroffenen bei der Überbrückung der bereits erwähnten Wartezeiten unterstützen sollen. Die Vielzahl an angebotenen Webdiensten lässt Suchende jedoch häufig unschlüssig sein, welches Angebot vertrauenswürdig ist und welches Angebot ein Betroffener besser nicht nutzen sollte.  

Das wissenschaftliche Team von Klein et al. (2016) hat sich in ihrem Artikel „Internetbasierte Interventionen in der Behandlung psychischer Störungen“ mit genau dieser Frage beschäftigt. Das Expertengremium der Task Force E-Mental Health der DGPPN hat auf Grundlage von Modellen der Europäischen Union Kriterien zur Beurteilung des Einsatzes internetbasierter Interventionen im Gesundheitssystem entwickelt. Dazu zählen:

  • Indikation
  • Intervention
  • Sicherheitsaspekte
  • Qualifikation
  • Wirksamkeit
  • Nutzerperspektive
  • Gesundheitsökonomie
  • Integrierbarkeit in die Versorgung
  • rechtliche Aspekte und Datenschutz.

Im Nachfolgenden werden zwei Kriterien exemplarisch für die App ARYA beurteilt:

(Indikation) ARYA ist eine Anwendung zur Gemütsreflexion und außerdem als Unterstützung bei einer Depressionstherapie sowie weiteren Therapien anderer seelischer Erkrankungen gedacht.
Das heißt, es ist nachvollziehbar, dass ARYA einerseits spezifisch in der Depressionstherapie eingesetzt werden kann, aber andererseits auch bei anderen psychischen Diagnosen, wenngleich idealerweise auch noch der geeignete Schweregrad angegeben werden sollten.  

(Intervention) Der Einsatz der App ist zur Überbrückung der Wartezeit auf einen Therapieplatz sowie auch therapiebegleitend vorgesehen. Die App ist nicht als Ersatz einer klassischen Intervention gedacht.
Die App bietet dem Nutzer eine ausführliche Auflistung angenehmer Aktivitäten differenziert nach mentalen, körperlichen, emotionalen und sozialen Bedürfnissen. Darüber ist eine Leseliste mit Informationen über die Erkrankung Depression, Symptome der Depression, etc. angelegt. Die Leseliste enthält ausschließlich Informationen zur Erkrankung „Depression“. Bei der Leseliste sind teilweise Links zur intensiveren Beschäftigung mit dem Thema hinterlegt. 

Als Nutzer ist es empfehlenswert, internetbasierte Angebote mithilfe von Beurteilungskriterien wenigstens kurz zu scannen, da diese einen guten ersten Hinweis darauf geben können, ob etwa das Angebot der präferierten Intervention entspricht, Sicherheitsaspekte erfüllt werden und die Apps bzw. Online-Angebote datenschutztechnisch unbedenklich ist.

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  • Depression-Verzweiflung: whoismargot, pixabay.com