Quelle: t3n – Bisher haben zehn digitale Gesundheitsanwendungen – sog. DiGA – im Rahmen des DVG – Digitale-Versorgung-Gesetz eine Zulassung seitens des BfArM (Bundesinsitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) erhalten. Sie sind damit Bestandteil des DiGA-Verzeichnisses des BfArM und können von Ärzten an gesetzlich versicherte Patienten verordnet werden. Einher gehen mit dem DiGA-Verzeichnis bzw. dem DVG für App-Hersteller und Start-ups im Gesundheits-IT-Bereich interessante Marktchancen und potenziell neue Absatzmärkte mit mehreren Millionen GKV-Versicherten. Daher versuchen sich derzeit viele weitere Gründer daran, eine sog. DiGA zu entwickeln.

Die Anforderungen, die Hersteller von potenziellen DiGA erfüllen müssen, sind dabei jedoch nicht zu unterschätzen. Das BfArM hat bereits im vergangenen Jahr einen knapp 140 Seiten langen DiGA-Leitfaden veröffentlicht, der das Zulassungsverfahren und die Anforderungen detailliert beschreibt. Dennoch machen 10 zugelassene DiGA aus über 500 bisher beim BfArM eingegangen Anträgen für die Zulassung, dass eine DiGA-Listung kein Selbstläufer ist. Dies gilt insbesondere auch für solche Unternehmen, die ursprünglich aus dem IT-Bereich kommen und hier ihre Kernkompetenzen haben, aber bisher eher wenige Berührungspunkte mit dem deutschen Gesundheitssystem hatten.

Das IT-Fachmagazin t3n hat vor diesem Hintergrund vier Kernbereiche identifiziert, die Gründer bzw. IT-Entwickler bereits vor, aber auch während des gesamten Entwicklungsprozesses beachten sollten:

  • Nutzennachweis/Postive Versorgungseffekte
  • Einbeziehung und Rekrutierung von Patienten/Studienteilnehmern
  • Gesundheitsökonomische Begleitevaluation
  • Marketing/Öffentlichkeitsarbeit

Positive Versorgungseffekte

Potenzielle DiGA müssen einen echten Mehrwert für Patienten/Versicherte und ggf. auch Ärzte haben. Dabei können DiGA sowohl einen medizinischen Nutzen haben, also bspw. medizinische Parameter wie etwa die gesundheitsbezogene Lebensqualität verbessern. Sie können jedoch auch die Strukturen und Prozesse im Gesundheitswesen positiv beeinflussen, etwa den Zugang zur Versorgung sicherstellen oder die Gesundheitskompetenz von Patienten optimieren. Der Nachweis solcher „Positiver Versorgungseffekte“ ist ein zentraler Bestandteil des DiGA-Zulassungsprozesses. Die Art und Weise, wie DiGA-Hersteller den geforderten Nachweis erbringen, ist zwar nicht völlig frei, derzeit jedoch methodisch noch breit gefächert möglich. Wichtig ist, dass das Evaluationsdesign transparent und nachvollziehbar ist und der Nutzennachweis durch ein unabhängiges Evaluationsinstitut erbracht wird. Das BfArM berät dazu auch Gründer/IT-Entwickler, inwiefern das angedachte Evaluationsdesign hier zulässig ist. Die frühzeitige Einbeziehung von Experten aus den Bereichen Sozialwissenschaften, Gesundheitswissenschaften und Versorgungsforschung ist hier sicherlich förderlich.

Rekrutierung von Patienten/Studienteilnehmern

Zur Erbringung des Nutzennachweises in der Praxis braucht es eine ausreichend große Studienpopulation bzw. ausreichend viele Studienteilnehmer. Je nach Krankheitsbild ist es gar nicht immer so einfach, ausreichend viele Patienten für eine Evaluationsstudie zu rekrutieren. Auch für große Medizintechnik- und Pharmaunternehmen ist es teils eine Herausforderung, gerade in Corona-Zeiten auf ausreichend hohe Teilnehmerzahlen in ihren Studien zu kommen. Gerade für kleinere Start-ups sind die Zugangswege zu Patientenkollektiven eine mitunter hohe Anforderung. Studienzentren, z.B. Kliniken, Arztnetze, Arztpraxen, Fachgesellschaften etc. können hier mögliche Ansprechpartner sein. Idealerweise sollten diese bereits vor Zulassungsbeantragung mit eingebunden werden. Die Zulassungstudie hat im Rahmen des DVG eine Dauer von in der Regel nur 12 Monaten. Daher ist es zeitlich schwierig, die Studiendurchführung und konkret die Patientenrekrutierung erst nach der vorläufigen Zulassung zu organisieren.

Gesundheitsökonomische Evaluation

Neben den medizinischen und technischen Aspekten spielen natürlich auch die finanziellen Aspekte eine wichtige Rolle. Hersteller sollten sich daher bereits im Vorfeld Gedanken dazu machen, wie teuer die DiGA eigentlich sein soll, wie hoch die eigenen Entwicklungskosten sind und vor allem auch, wie die Verhandlungen nach Vorlage der Studienergebnisse zu den Positiven Versorgungseffekten mit den Krankenkassen ablaufen sollen. Kosten-Nutzen-Analysen sind daher – wenngleich auch kein gesetzlich fest geschriebener Bestandteil des DiGA-Zulassungsverfahrens – ein wichtiger Bereich. Eine begleitende ökonomische Evaluation zum Kosten-Nutzen-Verhältnis der zu entwickelnden DiGA stärkt bei positiven Resultaten die eigene Verhandlungsposition gegenüber den Krankenkassen, aber auch gegenüber Investoren.

Vermarktung und Öffentlichkeitsarbeit

Selbst wenn die Anwendung als DiGA zugelassen wurde und durch den Arzt verordnet werden kann, heißt das noch lange nicht, dass die Anwendung auch per se schon ein Erfolg ist. Gerade weil es sich um einen neuen Versorgungsbereich im Gesundheitssystem handelt, sind noch längst nicht alle Ärzte und vor allem Patienten über DiGA als solche informiert bzw. haben schon von DiGA gehört. Ärzte werden wohl auch eher selten von sich aus auf DiGA-Hersteller zukommen. Vielmehr müssen DiGA-Hersteller umfassend über verschiedene über ihr Produkt und die Art der Anwendung informieren und so ihre Anwendung im Gesundheitswesen bekannt machen.

Letzlich muss also jedem potenziellem DiGA-Hersteller bewusst sein, dass DiGA grundsätzlich eine attraktive und vielversprechende neue Marktchance darstellen. Gleichzeitig bedeutet die erfolgreiche Implementierung jedoch auch einiges an Aufwand und Kosten, die jedem im Vorfeld klar sein sollten.

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  • Laptop neben Tasse, Smartphone, Schreibblock: Andrew Neel, unsplash.com