Quelle: Ärzteblatt.de – Das Sehen hat für viele Menschen einen hohen Wert, leben wir doch in einer sehr visuellen Welt und orientieren wir uns doch zu großen Teilen über unseren Sehsinn. Erkrankungen, welche die Sehfähigkeit in unterschiedlichem Ausmaß beeinträchtigen, stellen daher eine ernstzunehmende Gefahr für die Lebensqualität der Betroffenen dar und sollten möglichst früh diagnostiziert werden. Experten schätzen, dass in Deutschland mehrere Millionen Menschen von Erkrankungen am Auge betroffen sind. Nach einer Untersuchung der Gutenberg-Gesundheitsstudie (Mainz) leiden knapp 1,3 Millionen Menschen oder knapp 22 Prozent der Personen mit diagnostizierten Diabetes in Deutschland unter der Diabetischen Retinopathie. Rund 1,2 Millionen Menschen sind von einer Altersabhängigen Makula-Degeneration (AMD) betroffen. Eine frühe Diagnose ist wichtig, stellt jedoch die augenärztliche Versorgungslandschaft vor einige Herausforderungen. Bereits jetzt haben viele Augenarztpraxen sehr viele Patienten zu versorgen. Im Zuge des demographisch-epidemologischen Wandels wird sich dieser Anteil noch erhöhen.

Technologien im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) könnten hier nicht nur Entlastung bieten, sondern unter Umständen einen Durchbruch in der augenärztlichen Versorgung bedeuten. Werden Augenärzte wohlmöglich sogar überflüssig?

Künstliche Intelligenzsysteme diagnostizieren ebenso sicher wie ein Augenarzt

Soweit sind wir sicherlich noch nicht bzw. ein kompletter Ersatz der persönlichen Untersuchung beim Augenarzt durch KI ist derzeit noch nicht denkbar bzw. wohl auch nicht wünschenswert. Dennoch haben sich in verschiedenen Studien die Potenziale von KI gezeigt. Für die intelligente Bilderkennung und -analyse setzt sich der Patient etwa in eine Box, schaut in die Kamera und das System führt dann einen vollautomatischen Retina-Scan durch. Das KI-System wertet dann die Bilder der Funduskamera aus und gibt eine Einschätzung ab. Handelt es sich um eine fortgeschrittene Retionopathie, wird der Patient zum Augenarzt geschickt, ansonsten gibt das System Entwarnung. Systeme zur Bilderkennung und -analyse werden in der augenärztlichen Heilkunde zunehmend eingesetzt, auch weil die Kameras, Scanner und ebenso die dahinterliegenden Algorithmen immer besser werden.

Eine jüngst in den USA veröffentlichte Studie hat nun gezeigt, dass ein entsprechendes System in der Mehrzahl der Fälle in der Lage ist, ohne Zutun von augenärtzlichen Experten anhand der Fundusaufnahmen eine Diagnose der Diabetischen Retinopathie oder der AMD zu stellen, sofern die Qualität der Aufnahmen ausreichend ist. Die Zulassungsbehörde FDA hat der herstellenden Firma daher 2018 als erstem Hersteller solcher Systeme erlaubt, das Gerät auf den Markt zu bringen. Insbesondere allgemeinmedizinische Praxen sollen das System für ein erstes Screening nutzen, auch da die Bedienung recht einfach zu erlernen ist.
In Deutschland wurde im Diabeteszentrum Bad Mergentheim vor kurzem ein System installiert, welches die technisch orientierte CE-Zertifizierung erhalten hat. Dies bedeutet zwar noch keine klinische Zulassung, dennoch stellt es einen gewissen Meilenstein in der Nutzung von KI in Deutschland und den USA dar und ist sicherlich erst der Anfang einer interessanten Entwicklung. Derzeit sind entsprechende Geräte noch sehr teuer in der Anschaffung, mit zunehmender Weiterentwicklung werden jedoch die Preise sinken. Es wird daher auch unter ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll sein, über die Anschaffung eines entsprechenden Systems für Arztpraxen, Krankenhäuser etc. nachzudenken, wenn etwa dadurch eine individualisierte Therapie der Augen mit z.B. weniger Komplikationen ermöglicht wird.

Es gut sich also viel und gerade der Bereich der Augenheilkunde eignet sich gut für lernende Systeme. Dennoch gibt es noch einige technische, finanzielle und methodische Herausforderungen zu bewältigen. Insbesondere auch müssen hochwertige Studien noch zeigen, dass KI einen Mehrwert für Patienten hat. Wenn gezeigt wird, dass Erkrankungen dank der KI-Diagnose richtig bzw. besser behandelt werden, sind Systeme dieser Art auch für den breiten Einsatz geeignet.

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  • Augenarzt Kontrolle: 12019, pixabay.com