Die Demenz gehört in Deutschland sicherlich zu den Krankheiten, die jetzt und vor allem in Zukunft eine zentrale Aufgabe in der Gesundheitsversorgung darstellen wird. Nach Angaben der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft leben derzeit rund 1,7 Millionen Menschen mit Demenz, hauptsächlich mit der Alzheimer-Krankheit. Jedes Jahr gibt es zudem 300.000 neu diagnostizierte Fälle.

Eine solche Erkrankung wirkt sich nicht nur auf die Betroffenen an sich, sondern auch auf ihr soziales Umfeld und ihre Pflegepersonen aus. Die Betroffenen benötigen neben einer pflegerischen und hauswirtschaftlichen Unterstützung insbesondere auch eine aktivierende und persönlich zugewandte soziale Betreuung. Ziel ist es, verbliebene Fähigkeiten möglichst lange zu erhalten und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhöhen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie stationär, teilstationär oder ambulant versorgt werden. Bekannte Aktivierungsstrategien wie Singen, Spielen, Gesprächs- und Gedächtnisrunden, Tanzen, Ausflüge etc. helfen Betroffenen, Erinnerungen zu wecken und positive Erfahrungen zu ermöglichen. Auch Texte, Fotos, Filme und Lieder, insbesondere wenn der Betroffene einen direkten Bezug zu diesen hat, tragen zum Wohlbefinden der Betroffenen und ihrer Angehörigen bei. Neben den oben genannten „klassischen“ Aktivierungsstrategien bieten jedoch auch zunehmend digitale Anwendungen die Möglichkeit, die psychosziale Betreuung von betroffenen Menschen zu unterstützen.

Begleiten, Erinnern und Aktivieren mittels Tablett und Smartphone

Wenngleich für manchen auf den ersten Blick doch etwas gewöhnungsbedürftig, können jedoch auch Apps und digitale Anwendungen viele Vorteile in der psychosozialen Betreuung bieten. Es gibt hier bereits verschiedene Ansätze, etwa über spielerische Elemente das Gedächtnis der Demenzerkrankten zu aktivieren oder Betreuungspersonen neue Anregungen für die soziale Unterstützung zu bieten und Wissen zu vermitteln. Aufgrund ihrer einfachen Bedienbarkeit und vielen Anwendungsmöglichkeiten bieten die kleinen digitalen Helfer viele Chancen. Einige Einrichtungen haben dies bereits erkannt und setzen etwa Tabletts im Betreuungsalltag ein. Speziell für die digitale Unterstützung von Betreuungspersonen hat das Demenz-Servicezentrum OWL in Kooperation mit dem Fachbereich Medieninformatik der Hochschule Düsseldorf nun eine Tablett-App entwickelt und während der Entstehungsphase von Betreuern und Bewohnern in Betreuungs- bzw. Seniorenzentren in Bielefeld und Düsseldorf getestet.

Als Ergebnis der unterschiedlichen Entwicklungsansätze zur technischen Unterstützung von Demenzrkranken steht nun „BEA – die Betreuungsapp“. BEA steht für Begleiten, Erinnern, Aktivieren. BEA bietet dabei

  • ein Ordnungssystem für Lieder, Texte, Filme und Fotos ohne Einpacken und Schleppen von Materialien und ermöglicht
  • das Speichern individueller Musikwünsche, persönlicher Filme, Texte oder Familienfotos über eine DGSVO-konforme Lösung zur Sicherung des Datenschutzes.

Die Daten werden vorab von Betreuern individuell am PC in die App geladen und ermöglichen so eine besonders individuelle Betreuung.

Digitale Unterstützung für Betreuungsassistenten und Seniorenbegleiter

BEA ist dabei vor allem für die Unterstützung von Betreuungsassistenten und Seniorenbegleitern gedacht, die neben der Fachpflege eine zunehmend wichtige Rolle in stationären und ambulanten Einrichtungen der Altenpflege einnehmen und Pflegekräfte entlasten. Sie setzen viele eigene Aktivierungsideen um, digitale Anwendungen spielen aber (noch) eine eher untergeordnete Rolle. Helga Reinisch, Mitarbeiterin des Demenz-Servicezentrums Region OWL berichtet, dass digitale Medien bislang in der Seniorenbetreuung noch kaum zum Einsatz kommen. Die Apps, die für Menschen mit Demenz und anderem besonderen Unterstützungsbedarf noch am ehesten geeignet schienen, seien Kinder-Apps. „Und die sind nicht nur kindlich, sondern kindisch“. Eine auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zugeschnittene App gebe es bisher nicht.

BEA die Betreuungsapp soll Bewohnern in stationären Einrichtungen, Gästen in der Tagespflege und Menschen, die zuhause betreut werden, „ganz besondere Momente kreieren“, so Reinisch. „Es ist aber nicht zuletzt als große Arbeitserleichterung für Betreuende gedacht.“  Statt CD-Spieler, Mappen und Fotos durch das Gebäude zu tragen oder im Auto zu transportieren, klemmten sie sich nun einfach das Tablet unter den Arm.

Zu kaufen gibt es die App derzeit (noch) nicht. Sie wird momentan noch weiter optimiert und soll dann bald möglichst breitflächig Betreuungsassistenten und Seniorenbegleitern zur Verfügung stehen. Wer sich die App einmal persönlich anschauen möchte, kann dies z.B. auf dem Fachtag „Digitale Techniken in der Betreuung von Menschen mit Demenz“ am 11. April 2019 in Paderborn tun.

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  • Memory Gedächtnis: tillburmann, pixabay.com