Gesundheitsbezogene Apps versprechen großes Potenzial für Patienten, Ärzte und Fachkräfte. Sie können helfen, Termine zu koordinieren, Informationen zielgerecht zur Verfügung zu stellen oder chronisch kranke Patienten bei der Therapie zu unterstützen. Es gibt in den App-Stores ein großes Angebot an mehr oder weniger geeigneten Apps aus dem Gesundheitsbereich, auch einzelne Akteure wie Ärzte oder Krankenhäuser haben für ihren jeweiligen Bedarf Apps entwickelt. Zudem hat der 120. Deutsche Ärztetag in Freiburg deutlich gemacht, dass das Thema der Digitalisierung im Gesundheitswesen vorangetrieben werden muss. Ihr volles Potenzial haben Apps dennoch bei weitem noch nicht ausgeschöpft.

Schwierige Rahmenbedingungen für eine offizielle Zertifizierung 

Dies mag unter anderem an den derzeit noch vorherrschenden Rahmenbedingungen liegen. Das derzeitige Angebot bietet zwar eine große Auswahl, macht es für Nutzer jedoch schwierig, die richtige App auszuwählen. Bisher gibt es kein behördliches oder offizielles Siegel, anhand dessen App-Interessierte auf den ersten Blick erkennen können, ob die App für ihr Gesundheitsbedürfnis geeignet und sicher ist. Von verschiedenen Seiten werden immer wieder Forderungen nach einer „offiziellen“ Zertifizierung basierend auf fest definierten Qualitätskriterien laut, wie etwa vom Präsidenten der Bundesärztekammer, Frank Montgomery. Eine solche Zertifizierung dürfte jedoch angesichts der Dynamik des Marktes in diesem Bereich und dem nicht ganz trivialen Bewertungs- und Prüfprozess von Apps noch auf sich warten lassen bzw. ist überhaupt als eher unrealistisch anzusehen.

Fachgesellschaften und Patienten gefordert 

Von daher liegt es an den Akteuren im Gesundheitswesen selbst, aktiv zu werden. Insbesondere Patientenverbände bzw. Selbsthilfeorganisationen und die medizinischen Fachgesellschaften können durch ihre Expertise interessante und wichtige Eindrücke und Perspektiven in den App-Bewertungsprozess integrieren. Sie sind es letztlich, welche die App im Alltag anwenden. Es gibt von verschiedenen Fachgesellschaften bereits entsprechende Initiativen bzw. Pläne, die für ihr jeweiliges medizinsiches Fachgebiet entwickelten Apps zu prüfen und bei vorhandener Qualität zu zertifizieren. Ein positives Beispiel stellt hier etwa die Initiative „DiaDigital“ der AG Diabetes und Technologie der deutschen Diabetes-Verbände zusammen mit der ZTG GmbH dar, die in einem kooperativen Bewertungsprozess anhand eines systematischen Kriterienkatalogs Diabetes-App überprüfen.

Fachübergreifende Kriterien 

Die Initiative von DiaDigital ist ein erster wichtiger Schritt in diesem Bereich. Wünschenswert ist es jedoch, dass die Verbände bzw. Fachgesellschaften in Zukunft noch stärker zusammenarbeiten, wenn es um das Thema Qualität und Apps geht. Einzelne Krankheiten erfordern zwar sicherlich unterschiedliche digitale Herangehensweisen, bestimmte Aspekte spielen jedoch bei allen Gesundheits- und Medizin-Apps eine wichtige Rolle, etwa Datenschutz, Barrierefreiheit oder Nutzerfreundlichkeit. Es erscheint daher sinnvoll, das sich die Verantwortlichen zumindestens auf einen Grundkonsens bzw. auf Basiskriterien in Sachen Apps einigen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Nutzer den App-Wald vor lauter Siegeln und Zertifikaten nicht mehr sehen. Zertifikate bzw. Siegel, die von verschiedenen Stellen vergeben werden, weisen teils sehr unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen voraus und es ist für App-Nutzer nicht immer sofort erkennbar, was hinter den Siegeln steckt. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin unter Einbeziehung der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen Fachgesellschaften fokussiert daher derzeit einen Prozess, der zum Ziel hat, basale Gütekriterien zu definieren und praktikable Methoden für deren inhaltiche Evaluation vorzuschlagen. Die Kriterien und die Methodik von DiaDigital können dabei durchaus als Vorbild fungieren.

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