Quelle: e-health-com.de – Beim Herzinsuffizienz-Telemonitoring bemüht sich das deutsche Gesundheitswesen seit Längerem um eine klare Linie. Schon im Gefolge der im Sommer 2018 vorgestellten TIM-HF2-Studie zum nicht-invasiven Telemonitoring von poststationären Herzinsuffizienzpatienten war spekuliert worden, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nach Jahren der Selektivvertragsprojekte kurzfristig eine Abrechnungsmöglichkeit schaffen könnte.

Bisher ist das nicht geschehen, wohl auch weil die Zahl der Patienten, die die TIM-HF2-Kriterien erfüllen, relativ hoch und die Versorgung nach Tim-HF2-Standard relativ aufwändig ist. In dem Anschlussprojekt Telemed5000 bemühen sich die Berliner Kardiologen um Prof. Friedrich Köhler derzeit darum, intelligente Algorithmen zu entwickeln, die es erlauben würden, mehr Patienten parallel zu betreuen und damit die Kosten zu senken.

Implantierter Sensor informiert über Druck im kleinen Kreislauf

Unabhängig davon hat der G-BA im April 2019 die randomisierte Studie PASSPORT-HF zum Herzinsuffizienz-Telemonitoring in Auftrag gegeben, in der ein weiterer Telemonitoring-Ansatz evaluiert werden soll, nämlich die strukturierte Versorgung unter Einbeziehung der invasiv erfassten pulmonalarteriellen (PA) Druckwerte. Bei dieser Studie handelt sich um einen so genannten „Auftrag zur Erprobung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“, ein Instrument, zu dem der G-BA seit 2012 berechtigt ist, das aber bisher eher selten angewandt wurde.

Der Auftrag für die PASSPORT-HF-Studie ging an das Institut für Herzinfarktforschung (IHF e.V.) Ludwigshafen, Studienleiter ist Prof. Dr. Stefan Störk vom Universitätsklinikum Würzburg. Zum Einsatz kommt der PA-Druck-Sensor CardioMEMS™-HF des Unternehmens Abbott, früher St. Jude. Der batterielose Sensor wird mit Hilfe eines über die Femoralvene eingeführten Katheters in der Pulmonalarterie platziert und individuell kalibriert. Die Druckwerte können vom Patienten drahtlos ausgelesen und an das telemedizinische Zentrum übertragen. Die korrekte Auswahl geeigneter Patienten wie auch die konsequente Mitarbeit des Patienten – also tägliche Messung des PA-Drucks und Kooperation bei der Anpassung der Medikation – sind essentielle Voraussetzung. Auf Basis der PA-Druck-Trends übernimmt primär eine Herzinsuffizienz-Schwester bzw. ein Herzinsuffizienz-pfleger die Betreuung (Coaching), bedarfsweise unterstützt von Kardiologin oder Kardiologen.

Herzinsuffizienz-Schwester als Patienten-Coach

Nach etwas Vorlauf wurde am Montag dieser Woche von der zuständigen Ethikkommission das positive Votum erteilt. Eine Einigung über die Studienvergütung für die poststationäre Betreuung der Patienten inklusive Coaching durch die Herzinsuffizienz-Pflegekraft wird ebenfalls kurzfristig erwartet: „Wir werden jetzt mit der Initiierung der Studienzentren beginnen und gehen davon aus, dass wir ab Juni Patienten rekrutieren können“, sagte Störk gegenüber E-HEALTH-COM.

Die Studie ist ehrgeizig angelegt: 554 Patienten mit Herzinsuffizienz im NYHA Stadium III, die in den zwölf Monaten vor Studienbeginn zumindest einmal wegen Herzinsuffizienz im Krankenhaus waren, sollen an circa 35 Studienzentren in Deutschland rekrutiert und in die beiden Studienarme randomisiert werden. Die Rekrutierungsphase ist auf 18 Monate veranschlagt, sodass bei einer Nachbeobachtungszeit von zwölf Monaten in gut drei Jahren mit Ergebnissen gerechnet wird. Der primäre Endpunkt wird, das ist eine Besonderheit, vom G-BA vorgegeben: Er setzt sich aus Tod jeder Ursache und ungeplanten erneuten Krankenhausaufnahmen wegen Herzinsuffizienz zusammen.

Ziel ist es, den eigenständigen Effekt des PA-Druck-Monitorings möglichst optimal herauszuarbeiten. Deswegen erhalten alle Patienten eine Basisversorgung mittels strukturiertem Telefon-Support, die auf eine Optimierung der leitlinienkonformen Therapie abzielt. Nur in der Interventionsgruppe erfolgt zusätzlich die Optimierung der Behandlung anhand der gemessenen und telemedizinisch übermittelten PA-Druck-Werte.

Nutzen auch unter Bedingungen des deutschen Gesundheitswesens?

Die invasive PA-Druck-Messung ist kein brandneues Verfahren. Der genutzte Sensor ist schon einige Jahre auf dem Markt und wird auch in Deutschland punktuell eingesetzt. Seine prinzipielle Effektivität hat das Verfahren in der randomisierten, US-amerikanischen CHAMPION-Studie unter Beweis gestellt. Hier war die Rate an erneuten Krankenhauseinweisungen um ein Drittel reduziert worden.

„Die nochmalige Erprobung der klinischen Wirksamkeit im deutschen Gesundheitssystem ist erforderlich, weil es sich vom US-amerikanischen Gesundheitssystem deutlich unterscheidet“, so Störk zu E-HEALTH-COM. Das gelte zum Beispiel für die ambulanten und stationären Behandlungspfade, sodass sich die Frage stelle, ob sich der große Nutzen der CHAMPION-Studie auch unter deutschen Bedingungen zeigen lasse. „Die PASSPORT-HF-Studie wird diese Frage eindeutig beantworten können“, so Störk. „Bei positivem Studienergebnis wird dieser neue Versorgungspfad automatisch in die Routineversorgung überführt. Das wäre dann das erste Mal, dass die wichtige Arbeit von Herzinsuffizienz-Schwester oder -Pfleger adäquat ins Vergütungsmodell einbezogen wird.“

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  • Herzmodell auf Lehrbuch: Robina Weermeijer, unsplash.com