Quelle: Ärzteblatt.de – Psychische Erkrankungen stellen eine zunehmende Herausforderung für die Gesundheit jedes Einzelnen sowie für die Gesellschaft dar. Nach Angaben der Deutschen Depressionshilfe leiden etwa 8,2% oder rund 5,3 Millionen Erwachsene in Deutschland im Laufe eines Jahres an einer unipolaren oder anhaltenden depressiven Störung. Mobile bzw. eHealth-gestützte Anwendungen werden vor diesem Hintergrund zunehmend als Möglichkeit diskutiert, erkrankten Menschen zu helfen. Es gibt dabei eine große Bandbreit an digitalen Anwendungen, die auf unterschiedliche Art und Weise helfen können – seien es Apps mit Symptomtagebüchern, Online-Videosprechstunden mit Therapeuten oder digitale Selbsthilfegruppen. Viele Angebote sind dabei dem Bereich Dokumentation/Tagebuch oder Prävention zuzuordnen.
Auf der jüngst in Berlin stattgefundenen Diskussion zum Thema „Psychiatrie im digitalen Zeitalter – Big Data, big benefit“ im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) waren sich die teilnehmenden Experten einig, dass sog. E-Mental-Health-Angebote helfen können, Stimmungen, Stressoren und Krankheitsverläufe frühzeitiger und präziser zu erfassen. Iris Haut, Neurologin und ärztliche Psychotherapeuten, betonte: „Die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen kann Patienten und Ärzten im Rahmen von Diagnostik und Intervention helfen, muss aber durch Ärzte oder Psychotherapeuten erfolgen, denn sie tragen letztlich die Verantwortung“. Sie machte jedoch gleichzeitig darauf aufmerksam, dass die Gesundheitsfachkräfte bzw. Fachgesellschaften hier eine zentrale Rolle hätten und eine Verodnung bzw. ein Angebot seitens der Krankenkassen eher kritisch zu sehen sei: „Es muss immer erst ein Erstkontakt zum Arzt erfolgen“.
Digitale Anwendungen kein Ersatz für ein persönliches Gespräch
Trotz der vielen Vorteile und Möglichkeiten von digitalen Anwendungen im psychiatrischen Bereich zur Untersützung von Betroffenen wurde bei der Diskussion deutlich, dass solche Angebote kein Ersatz für persönliche Kontakte zwischen Patient und Arzt bzw. Therapeut sein können. So merkte Heidrun Gitter, Präsidentin der Ärztekammer Bremen an, dass entsprechende digitalen Angebote die Patientenautonomie stärken und Therapeuten bzw. Ärzte potenziell entlasten könnten, jedoch kein Ersatz für eine ärztliche Indikationsstellung seien. Zudem gelte es zu verhindern, dass digitale Systeme dazu gebraucht würden, die Zeit für persönliche Arzt-Patienten-Gespräche weiter zu kürzen.
Bedingung für den Einsatz digitaler Anwendungen sei zudem, dass die eingesetzten Apps bzw. Anwendungen wissenschaftlich validiert seien und einen Mehrwert für die Patienten böten. Hier sei es ebenso notwendig, dass Ärzte und Therapeuten im Rahmen ihrer Aus- und Weiterbildung für die Nutzung solcher Instrumente sensibilisiert und geschult würden.
Der Psychiater Andreas Meyer-Lindenberg, Direktor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim, machte außerdem auf die besondere Schutzwürdigkeit der erhobenen Daten gerade in Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen hin: „Die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben sollte für Ärzte wie Patienten transparent sein“, so Meyer-Lindenberg.
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- Mann sitzt vor einem Fenster: Fernando @dearferdo, unsplash.com